Herr Präsident,
meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen,

die Möglichkeiten junger Menschen ihre beruflichen Laufbahnen zu starten sind heute so vielfältig wie wohl noch nie. Wir erleben es in allen Lebensbereichen, Fachkräfte und eben auch der notwendige Fachkräftenachwuchs werden praktisch in allen Berufsfeldern gesucht. Nicht zuletzt in den Ausbildungsgängen zu handwerklichen Berufen sind motivierte junge Menschen sehr willkommen. Gleichzeitig erleben wir einen ungebrochenen Drang junger Menschen an unsere hessischen Hochschulen. Und deshalb will ich hier eine Bemerkung voranstellen:
Das Berufsleben eines jungen Menschen muss nicht zwangsläufig mit Abitur und anschließendem Studium seinen Lauf nehmen. Sowohl berufliche wie akademische Bildung eröffnen attraktive Zukunftsperspektiven und Weiterentwicklungsmöglichkeiten.

Und beides ist für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolg unseres Landes von enormer Bedeutung. Für diese Wertschätzung sowie die Durchlässigkeit zwischen beiden Säulen – also beruflich oder akademisch – in beide Richtungen werben wir auch in Zukunft mit großer Überzeugung.

Meine Damen und Herren,
zu der Frage der Durchlässigkeit im Bildungssystem gehört aber zunächst die Frage des Zugangs und dafür braucht es Orientierung, Ratgeber und Informationen. Die Zahl der Studiengänge und der Grad der Spezialisierung haben in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Allein bei den grundständigen Studiengängen, die zu einem Bachelor-Abschluss führen, können Studieninteressierte und Studienanfänger mittlerweile unter weit über 8.000 Varianten an den Hochschulen wählen, davon die Hälfte ohne Zulassungsbeschränkung. Ob eine gewählte Variante aber wirklich die richtige Entscheidung ist und eine gute Vorbereitung für einen etwaigen Aufbaustudiengang, können häufig nicht einmal mehr Experten richtig einschätzen.

Was uns in der Politik in diesem Zusammenhang besonders beschäftigen muss, sind diejenigen, welche ihr Studium nicht zum erfolgreichen Abschluss bringen können. Es ist niemanden zum persönlichen Vorwurf zu machen, wenn aus welchen Gründen auch immer ein Studium abgebrochen wird. Aber für das Individuum ist es ein Einschnitt in die eigene Biographie. Deshalb ist der Modellversuch des Orientierungsstudiums ab dem Wintersemester 2019/20 an der Universität Kassel und der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt ein lohnenswerter Ansatz, um angehenden Studierenden Orientierung zu bieten. Orientierung darüber, ob das gewählte Studienfeld wirklich die Erwartungen erfüllt, welche sich aus der theoretischen Betrachtung ergeben haben und damit die eigene Entscheidung abzusichern. Die ein bzw. zwei Semester können dafür sorgen, Tritt zu fassen und Unsicherheiten im neuen Lernumfeld abzubauen.

In diesen Zusammenhang ist auch der Modellversuch zum Studium der angepassten Geschwindigkeiten an unseren Hochschulen für angewandte Wissenschaften zu nennen, mit dem heutige Lebensrealitäten besser abgebildet werden sollen. Für die Pilotphase dieser Modellversuche erhalten die Hochschulen vom Land Hessen in den beiden nächsten zwei Jahren rund 1,7 Millionen Euro. Bereits heute bieten unsere Hochschulen durch Orientierungsphasen, Brückenkurse vor Aufnahme des Studiums, unterstützende Beratungsangebote, Lerngruppen, Tutorien, familiengerechte Strukturen, flexible Zeitformate sowie innovative Lehr- und Lernformen wie etwa „Blended Learning“ eine Möglichkeit, eigene Lücken zu entdecken und zu schließen beziehungsweise die Studienentscheidung – zunehmend auch mit Beratung aus den Kammern – nochmals zu hinterfragen und eventuell zu korrigieren. Dies ist auch angesichts einer zunehmenden Unterschiedlichkeit der Studierenden notwendig und sinnvoll.

Hier kann das Orientierungsstudium ein weiterer wertvoller Beitrag sein, um die individuellen beruflichen Karrierewege bestmöglich anzugehen. Damit das Orientierungsstudium jedoch nachgefragt wird und keine Nachteile für den einzelnen Studierenden entstehen, waren im Vorfeld diverse Fragestellungen zu lösen. Nicht zuletzt sind Änderungen und Verbesserungen am BAföG unerlässlich. Deshalb sind die vom Bundesrat Mitte März dieses Jahres mit klaren Mehrheiten geforderten Verbesserungen an der geplanten BaföG-Reform wichtige Weichenstellungen. Ich will nicht auf alle einzelnen Punkte des Bundesratsbeschlusses eingehen, nur wenige nochmals benennen.

Die Öffnung des BaföG für Teilzeitausbildungen und für Modelle der Studienorientierung, eine verlängerte Förderung wegen individueller Herausforderungen, aber auch das Verringern von Verschuldungsängsten bildet Lebensrealitäten ab und flankiert hoffentlich nachhaltig die Studien- und Ausbildungszeit. Ich danke für die CDU-Fraktion unserer Hessischen Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn sowie ihrer Staatssekretärin Ayse Asar und den zu-ständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im HMWK für den in weiten Teilen erfolgreichen Einsatz in Berlin.

Meine Damen und Herren,
die unter maßgeblich hessischer Beteiligung eingeforderten Verbesserungen am BaföG sind ein wichtiger Beitrag, Studien- und Ausbildungsbedingungen zu verbessern. Es dürfte Einverständnis herrschen, dass Potentiale und Begabung maßgeblich für den Bildungsweg sein müssen und nicht der finanzielle Hintergrund. Dass dieser Prozess jedoch stetig fortschreitet, ist selbstverständlich. Wichtige Teile der umfangreichen Daueraufgabe die Bedingungen von Studium und Ausbildung stetig voranzubringen, finden sich in unserem Koalitionsvertrag von CDU und Grünen. Für diese Daueraufgabe bedarf es insbesondere auch einer weiterhin guten, vertrauensvollen und konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Land Hessen, unseren Hochschulen und den Trägern der beruflichen Ausbildung. Dafür werden wir als CDU-Fraktion aus Überzeugung weiterhin unseren Beitrag leisten.

Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

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